Projekt zur Berufsorientierung nach § 13, Abs. 2 SGB VIII
Einrichtungsleitung:
Antje Wilbricht
Pappelallee 74/75
10437 Berlin (Pankow)
+49 30 4172509-2
+49 30 4172509-3
Der Standort Pappel 74 ist seit 2005 als fester Bestandteil der freien Jugendhilfe in Pankow und über die Grenzen von Pankow und Berlin hinaus bekannt.
Zielgruppe
Junge Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind und deren schulische und berufliche Ausbildung sowie Eingliederung in die Arbeitswelt und soziale Integration gefördert werden soll.
Die Berufsorientierung dient bei uns der Entwicklung persönlicher und fachspezifischer Kompetenzen, dem Erwerb von schulischem Basiswissen und ggf. der Vorbereitung auf einen Schulabschluss. Das können die Berufsbildungsreife (BBR), die erweiterte Berufsbildungsreife (eBBR) oder der Mittlere Schulabschluss (MSA) sein.
Auftrag der Pappel 74
- Training einer regelmäßigen Tagesstruktur,
- Behutsames Heranführen an Arbeitsprozesse und individuelle Betreuung in den Werkstätten,
- Stärkung der individuellen Ausbildungsreife und der sozialen Kompetenzen,
- Sozialpädagogische Beratung und Begleitung, insbesondere bei persönlichen Problemen der Teilnehmenden,
- Angebot von allgemeinbildenden Unterrichtseinheiten zum Ausgleich von Bildungsdefiziten,
- Vorbereitung und Begleitung der Nichtschülerprüfung BBR / eBBR / MSA
- Entwicklung einer realistischen beruflichen Perspektive und Einleitung dementsprechender Schritte,
- Betreuung in selbst gewählten Betriebspraktika, Vermittlung in weiterführende Angebote.
Zugangsvoraussetzungen und Dauer
Das Angebot nach § 13, Abs. 2 SGB VIII kann von der Familie, dem Vormund oder dem jungen Volljährigen selbst bei der zuständigen Jugendberufsagentur in Berlin oder dem zuständigen Jugendamt -auch deutschlandweit- beantragt werden. Für die Teilnahme muss eine entsprechende Bewilligung vorliegen. Die Dauer und die Ziele werden individuell und ausgehend vom Hilfebedarf vereinbart und regelmäßig in Hilfekonferenzen überprüft.
Ein Einstieg ist jederzeit möglich.
Angebote
- individuelle Angebote der sozialpädagogischen Unterstützung wie Coaching und Beratung,
- Berufswegeplanung,
- Arbeit und Projektarbeit in den verschiedenen Praxisbereichen. Diese sind:
- Holzwerkstatt
- Küche und Hauswirtschaft
- Fahrradwerkstatt
- Tierpflege am Standort Schönwalde,
- gemeinsame Aktivitäten (z.B. Ausflüge und Feste), die das Gruppengefühl und die Sozialkompetenzen fördern,
- Projektarbeit zur Unterstützung der ganzheitlichen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (z.B. Filmnachmittage, Medien- und Musikprojekte, Museumsbesuche, Projekttage Natur und Gesellschaft, philosophische Gespräche, Spiel- und Sportangebote, Präventionsveranstaltungen, weitere Angebote zu ausgewählten Themen)
- Besuch der leistungs- und binnendifferenzierten Kurse zur Verbesserung der schulischen Basisqualifikation,
- Vorbereitung auf die externen Nichtschülerprüfungen zum Erwerb der Berufsbildungsreife (BBR), der erweiterten Berufsbildungsreife (eBBR) und des Mittleren Schulabschlusses (MSA)
Bildungsangebot
Das Angebot beinhaltet junge Menschen zu Lernbereitschaft zu motivieren und dabei Kompetenzen und Fähigkeiten, wie Konzentration und Sorgfalt zu stärken. Die ressourcenorientierte Arbeit richtet sich nach dem individuellen Leistungsniveau.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit für Teilnehmende sich auf die Nichtschülerprüfung des Berliner Senats zum Erwerb von Schulabschlüssen vorzubereiten:
- Berufsbildungsreife (BBR)
- erweiterte Berufsbildungsreife (eBBR)
- Mittlerer Schulabschluss (MSA)
- Die Unterrichtsinhalte orientieren sich an den Berliner Rahmenplänen.
Der Unterricht findet in kleinen, differenzierten Lerngruppen und in individueller Betreuung statt, immer am Bedarf des Jugendlichen orientiert. Wir orientieren uns hier an den Berliner Rahmenlehrplänen.
Neben schulischen Inhalten findet die Vermittlung von lebenspraktischen Fähigkeiten und beruflichen Grundlagen statt.
Praxisbereiche
Neben der Teilnahme an der Berufswegeplanung und am Unterricht gehört zur Teilnahme in der Werkschule auch die Mitarbeit in einem oder mehreren unserer Praxisbereichen. Dazu gehören Küche und Hauswirtschaft, die Holzwerkstatt, die Fahrradwerkstatt und der Tierpflegebereich am Standort Schönwalde.
Holzwerkstatt Die Teilnehmenden erhalten hier Einblick in holzverarbeitende Berufe, sie lernen Holzarten, Holzwerkstoffe, die verschiedenen Bearbeitungsmöglichkeiten und Oberflächenbehandlungen kennen. Bei den hier zu erlernenden Schleif-, Säge- und Lackierarbeiten sowie der Herstellung einfacher Holzverbindungen können sie ihr handwerkliches Geschick erproben und ausbauen. Sie können sich weiterhin in Geduld und Durchhaltevermögen üben bei der Herstellung oder Bearbeitung von Möbelstücken, Gebrauchsgegenständen und bei der Restauration von alten Möbeln aller Art. Ebenso besteht die Möglichkeit, eigene Projekte zu realisieren. Unser Fachanleiter begleitet die Jugendlichen und steht ihnen mit Rat und Tat zur Seite, von der Ideenfindung, über dessen Umsetzungsplanung bis hin zum letzten letzten Pinselstrich. Zu den Projekten von ehemaligen Teilnehmenden gehören u.a. selbstgefertigte Tische, Stühle und Regale für das erste eigene Wohnzimmer, Geschenke wie Flaschenöffner, Holzschalen und Vogelhäuschen, aber auch restaurierte Tische, Stühle, Bänke und Schränke.
Küche In der Projektküche steht die tägliche Versorgung der Teilnehmenden und Mitarbeitenden im Vordergrund. Von der Aufstellung des Speise- und Einkaufsplans, dem preis- und saisonbewussten Einkauf, bis hin zur Essenszubereitung und dem Tischdecken sind die Jugendlichen an allen Prozessen beteiligt.
Fragen nach preisbewusstem Einkauf und Wirtschaftlichkeit, der Beurteilung von Frische und gesunden Inhalts- und Nährstoffen sowie deren Bedeutung stehen hier ebenso im Mittelpunkt der Anleitung, wie auch die effektiven, schmackhaften und schonenden Zubereitungstechniken. Selbstständiges und umsichtiges Arbeiten sind hier genauso wichtig, wie das Kennenlernen und die Beachtung von Hygienevorschriften.
Im Hauswirtschaftsbereich üben sich die Teilnehmenden im sachgemäßen Umgang mit den haushaltsüblichen Reinigungs- und Arbeitsmaterialien und der haushaltstechnischen Ausrüstung. Weiterhin können hier Grundlagen der Pflege und Instandsetzung, des Waschens und Bügelns der Haushaltwäsche und Arbeitskleidung erlernt werden.
Hauswirtschaft heißt Servicemanagement. Gefordert sind Anspruch, Kreativität und Verantwortung. Es werden u. a. die Themen Nähr- und Inhaltsstoffe von Lebensmitteln, Haushaltsführung, Haushaltsplanung, Hygiene und gesunde Ernährung behandelt.
Auch grundlegende Kommunikationsformen im Umgang mit Gästen werden erlernt. Durch das tägliche gemeinsame Essen wird das Gemeinschaftsgefühl und das soziale Miteinander gefördert.
Im Fachbereich Fahrrad können die Teilnehmenden erleben, wie eine richtige Fahrradwerkstatt funktioniert. Hier gibt es für die Teilnehmenden die Möglichkeit, Reparatur- und Wartungsarbeiten an ihren eigenen Fahrrädern durchzuführen und die dazu gehörenden Werkzeuge kennenzulernen. Hier werden Grundbegriffe der Mechanik und verschiedene Beschichtungstechniken adressatengerecht vermittelt. Darüber hinaus sammeln wir von verschiedenen Spendern alte Fahrräder und Fahrradteile ein und bauen diese von Grund auf neu zusammen. Diese P74-Räder werden gegen eine angemessene Spende abgegeben.
An unserem Außenstandort in Kremmen entsteht der Fachbereich Tierpflege. Hier können Jugendliche Verantwortung für die Pflege von Tieren übernehmen. Sie lernen den Beruf des Tierpflegers kennen und versorgen unter fachlicher Anleitung verschiedene Tiere wie Kaninchen, Meerschweinchen, Hühner, Enten und Gänse. Zu den Aufgaben gehören auch die Planung und Einrichtung der Gehege, um eine artgerechte Haltung der Tiere sicherzustellen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Zusatzangebot Hundecoaching, da unsere Hunde größtenteils auch als Therapiehunde arbeiten. Unter der Anleitung unserer zertifizierten Hundetrainerin und Tierpflegerin Lea Böttcher von Animal-keeping-coach (http://www.animal-keeping-coach.de/) lernen die Jugendlichen die besondere Verantwortung bei der Pflege und Haltung der Hunde sowie wichtige Verhaltensregeln im Umgang mit ihnen. Die Jugendlichen werden aktiv in das Training der Hunde einbezogen, um eine Bindung zu fördern und den Spaß an der Arbeit zu erhalten.
Berufswegeplanung
Parallel zum Erwerb eines Schulabschlusses werden gemeinsam realistische berufliche Perspektiven erarbeitet und die notwendigen Schritte eingeleitet.
In der Berufswegeplanung werden zunächst die vorangegangenen Erfahrungen und Bemühungen in biografischen Interviews erarbeitet.
In verschiedenen Berufsinteressentests und Selbst- und Fremdeinschätzungen können sich die Teilnehmenden darüber klar werden, welche Stärken sie haben und in welchen Berufsfeldern sie nach Ausbildung, schulischer Weiterbildung, nach berufsorientierenden Praktika oder nach Arbeit suchen möchten. Daraus abgeleitet werden dann berufliche Ziele und persönliche Wertvorstellungen; diese dienen als Kompass für die Formulierung der nächsten Handlungsschritte.
Alle Bewerbungs- und Integrationsbemühungen werden begleitet: von der Stellenrecherche über die gemeinsame Erarbeitung von aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen, über die aktive Gestaltung von Vorstellungssituationen und Einstellungstests bis zum Ausbildungsbeginn.
Um die Nachhaltigkeit der beruflichen Integration zu sichern, stehen wir auch nach Ende unserer Angebote den Teilnehmenden mit Rat und Tat zur Seite.
Verlauf und inhaltliche Gestaltung
Die Berufsorientierung gliedert sich in mehreren Phasen, die ineinander übergehen.
- Während der Eingangsphase geht es darum, die Einrichtung, die Angebote und die verschiedenen Praxisbereiche kennenzulernen, im Profiling einen Überblick über die persönlichen Kompetenzen zu gewinnen und Ziele zu formulieren, die während der Teilnahme erreicht werden sollen.
- In der Verlaufsphase geht es darum, in den Praxisbereichen berufliche Erfahrungen zu erwerben und Schlüsselqualifikationen zu trainieren, persönliche Schwierigkeiten und Probleme zu bearbeiten und Bildungsdefizite aufzuholen.
- Im angebotenen allgemeinbildenden Unterricht können junge Menschen Lernschwierigkeiten überwinden und sich einzeln oder in kleinen Gruppen schulisches Basiswissen aneignen, das sie dazu befähigt, die Nichtschülerprüfungen des Senats von Berlin auf verschiedenen Niveaustufen erfolgreich zu bestehen. Damit schaffen auch sie sich Voraussetzungen, eine berufliche Ausbildung zu planen und zu beginnen.
- Parallel dazu werden gemeinsam realistische berufliche Perspektiven erarbeitet und die notwendigen Schritte eingeleitet. Das können je nach Entwicklungsstand betriebliche Praktika oder andere Formen der Berufsvorbereitung sein, die Einschaltung von Fachdiensten und Beratungsstellen und ggf. die Begleitung zu den Terminen, die Recherche von Ausbildungsplätzen, Bewerbungsbemühungen, die Vorbereitung und Begleitung von Vorstellungssituationen, das Kennenlernen schulischer Angebote zum Nachholen von Schulabschlüssen und zur beruflichen Ausbildung.
- Die sozialpädagogische Begleitung durch unsere Mitarbeiter unterstützt die Teilnehmenden dabei, Hindernisse zu erkennen und zu überwinden und an der Bearbeitung von Problemen und Schwierigkeiten zu wachsen, egal, ob es sich um Lernschwierigkeiten, familiäre, gesundheitliche oder andere Schwierigkeiten handelt.
Methodik
- Niedrigschwellige, bedarfsgerechte Einzel- und Gruppenangebote,
- Ressourcenorientierte Begleitung der Entwicklungsschritte unter Berücksichtigung der Lebenssituation und Wirklichkeit des jungen Menschen,
- Kooperation eines multiprofessionellen Teams im fachlichen Netzwerk und im Sozialraum des jungen Menschen.